Stille in turbulenten Zeiten – 
wie man durch Yoga die Stille in sich finden kann 

Unser Alltag ist geprägt von Hektik und Lautstärke. Umso wichtiger ist es Momente der Stille zu finden, weiß Angelina Inama, Yogalehrerin aus Salzburg. Jeder kennt diese innere Stimme, die ständig mit einem redet und zu allem etwas zu sagen hat. Doch viele sehnen sich nach Stille. Angelina Inama erklärt in einem Interview mit Verena Kattinger, was der Sinn dieser inneren Stimme ist und wie Yoga Stille kultivieren kann.

Durch Corona durchlebten wir eine Situation, in der niemand wusste, wie es weiter geht. Das löste bei vielen Ängste und Unsicherheiten aus. Hierbei kann uns Yoga helfen, denn regelmäßiges Yoga-Praktizieren etabliert einen inneren Anker, einen inneren Raum, in den man immer wieder zurückkehren kann. Dort können wir selbst in stürmischen Zeiten Ruhe finden. Oft leben wir so sehr im Außen, dass wir uns selbst nicht mehr spüren, den Kontakt zu uns verlieren. Aus der Stille heraus, die wir durch Yoga finden können, wird es möglich überlegter und ruhiger zu handeln, ohne von äußeren Ereignissen mitgerissen zu werden. Und wenn wir bereits regelmäßig Yoga praktizieren, dann ist es leichter diesen Anker immer wieder zu setzen.

Angelina Inama

Warum fällt es uns oft so schwer in die Stille zu gehen?

Die Stille ist, glaube ich ein Ziel und Streben, dass weltweit verbreitet ist. Doch die innere Stimme, die den ganzen Tag alles um und in uns kommentiert und Gedanken herumspinnt, hat durchaus ihren Nutzen. Sie gibt uns die Fähigkeit, zu reagieren, zu planen, zu handeln und zu organisieren. Für unsere Seele und unser mentales Wohlbefinden ist diese Stimme jedoch oft gar nicht so nützlich, denn sie kritisiert und beurteilt auch, macht Dinge kompliziert, führt uns in Sorgen und lässt uns nicht zur Ruhe kommen. Unser Herz reagiert sehr empfindsam auf diese Beurteilungen. Ich glaube es ist dann oft leichter im Kopf zu sein, sich zu beschäftigen – ich habe so viel zu tun – sind oft Gedankengänge. Das ist unser innerer Schweinehund, der uns davon abhält zu uns zu finden. In der Stille, in der Berührbarkeit, gehe ich auch in eine Verletzlichkeit und spüre vielleicht tatsächlich wie es mir geht und dass ich mit bestimmten Dingen doch gar nicht so glücklich bin, oder nur handle um andere zufrieden zu stellen. Die Möglichkeiten sind hier vielfältig und sehr individuell.

 

 

Wie findet man Stille?

Um diese Stille in uns zu finden gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Ganz verbreitet ist schneller Sport wie Klettern, Fallschirmspringen oder Bungee Jumping. Extremsportarten brauchen extreme Konzentration und jeder der gerne klettern geht weiß, dass man in diesen Momenten nicht nachdenken kann. Dieses Glücksgefühl,  welches im Anschluss entsteht,hat meiner Meinung nach sehr viel damit zu tun, dass wir es geschafft haben still zu sein, jetzt ganz hier zu sein. Im Westen fällt es uns oft leichter über die Bewegung in Stille zu kommen, schwieriger ist es dann sich einfach hinzusetzen und über die Meditation still zu werden. Und so hat jeder seinen Weg und der Weg ist auch Übung.

 

 

Wie ging es dir persönlich während Corona?

Eine meiner Lehrerinnen hat mal zu mir gesagt: Das Leben ist wellig. Das habe ich sehr gut in dieser Zeit feststellen können. Mir persönlich ist es anfangs sehr gut gegangen, ich habe den Lockdown positiv gesehen, als willkommene Entschleunigung. Uns ist es in der Familie sehr gut gegangen, da war ich in einer sehr glücklichen Situation. Aber ich fand es auch spannend zu beobachten, dass das durchaus nicht den ganzen Zeitraum angehalten hat. Im Gegenteil. Es ist zunehmend welliger geworden. Ich glaube, diese Zeitqualität verlangt viel von uns global gesehen, aber auch speziell für jeden einzelnen gesehen. Viele persönliche Themen werden aufgeworfen und wir werden genau auf den Punkt gestoßen. Vermutlich weil wir auch weniger äußerliche Ablenkung haben und uns so ein Stillstand, so eine extreme Veränderung, vor existentielle und innerfamiliäre Schwierigkeiten stellt. Das alles birgt sehr viel Konfliktpotential, das wir entweder im Außen oder im Innen mit uns austragen. Deswegen war die Ausnahmesituation für mich sehr transformativ und wellig.